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„Lassen Sie meinen Mann raus, dann brauche ich nicht zu vermieten.“ – Ille Wendt über Unterstützung und Flucht während der NS-Diktatur

„Im September 1935 wurde mein Mann Walter verhaftet und war das zweite Mal drin. Aber da war es schlimmer. Er saß im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis und im Konzentrationslager Fuhlsbüttel. Und ich wurde auch immer raufbestellt zu Verhören ins Stadthaus. Das war in Hamburg die Gestapozentrale. Aber mir konnten sie nichts nachweisen.

Damals wohnte ich in der Jarrestadt im Novalisweg, da bin ich geblieben, bis dass ich 1942 ausgebombt wurde. Ich hatte meistens an Genossen untervermietet. Auch Lotte Burmester, die spätere Frau von Herbert Wehner, hat mit ihren beiden Kindern Peter und Greta hier bei mir gewohnt. Die Lotte Burmester war damals die Frauenführerin bei der Frauenorganisation der KPD. Lotte Burmester hatte über einen SPD-Genossen Gelegenheit, dass sie nach Dänemark emigrieren könnte. Nur, wie kommt sie nach Dänemark? Schon damals war es schwer zu reisen, man wurde gefilzt und man musste seine Papiere vorlegen. Novalisweg wohnten wir Parterre und hinten war so ein Gebüsch und da ist sie raus. Dann hat der Karl-Heinz Lorenzen sie mitgenommen bis nach Flensburg. Und dann hat er sie mit einem Schiff, mit so einem Nachen, rübergebracht ans andere Ufer. Den habe ich später mal richtig kennen gelernt, da hat er mir erzählt, wie er es gemacht hat: Wie das schlimm war, die Scheinwerfer und so weiter, wie sie versucht haben, sich immer flach zu legen. Aber sie hat Glück gehabt, hat es nach Dänemark geschafft. Von da aus ist sie nach Schweden, in so eine Gemeinschaft. Und da hat sie den Herbert Wehner kennen gelernt. Und ihn geheiratet.

Lotte Burmester hatte ein Jahr im Frauengefängnis Lübeck-Lauerhof gesessen. Sie erzählte mir von Charlotte Ehmann, Lotti.

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Versöhnungstheater. Anmerkungen zur deutschen Erinnerungskultur. Essay von Max Czollek


Ist Gedenken gleichbedeutend mit Versöhnung? Das Eingeständnis von Schuld mit Begnadigung? Aufarbeitung mit Bewältigung? Soll sich Geschichte nicht wiederholen oder geht es in der deutschen Erinnerungskultur letztlich um Normalisierung? Ein Essay.

Eine Frau steht auf dem jüdischen Friedhof in Bechhofen und betrachtet einen GrabsteinJüdischer Friedhof in Bechhofen – zweitgrößter Friedhof in Bayern mit einer seiner ältesten Grabstätte von 1602 (© David Bachar)



Gemeinsam mit einem Kollegen saß ich im Januar 2021 bei einer Aufnahme im Corona-bedingt geschlossenen 1. Rang des Theatersaals des Maxim Gorki Theaters. Das Jahr hatte gerade begonnen und damit auch die Feierlichkeiten für 1.700 Jahre jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Mit Blick auf die in immer kürzeren Abständen eintrudelnden Anfragen war uns bereits im Laufe des vorhergehenden Jahres klar geworden, dass diese Feierlichkeiten anstrengend würden. High Noon für das deutsch-jüdische Gedächtnistheater – Sie kennen diesen Begriff vielleicht aus dem gleichnamigen Buch von Michal Bodemann, in dem er die Instrumentalisierung von Jüdinnen und Juden für eine Neuerfindung eines positiven deutschen Selbstbildes herausarbeitete.[1]

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hatte also zu einem Interview gebeten und es fing direkt gut an. Auf unsere Frage, wer eigentlich noch zur geplanten Dokumentation über jüdisches Leben in Deutschland eingeladen worden war, antwortete unser Gegenüber: Na wer so auftaucht, wenn man Antisemitismus und Juden googelt. Kein Scherz. Ein weiterer Klassiker, diesmal aus dem bislang ungeschriebenen Ratgeber „Wie man ein Jude für Deutsche wird“.

Die Kritik der Erzeugung der Juden [2] durch den Außenblick der Dominanzkultur habe ich gemeinsam mit Sasha Salzmann 2016 als Desintegration bezeichnet. Zwei Jahre später schrieb ich ein Buch, in dem ich diese Gedanken noch einmal unter dem Slogan Desintegriert Euch! zusammenfasste.[3] Das wusste unser Gegenüber auch, man hatte sich gut vorbereitet. In seiner Frage bezog er sich denn auch auf folgende Passage:

„Was ist das für ein arroganter Glauben, man käme so billig davon? Als könnte irgendwie irgendetwas irgendwann jemals wieder normal sein. Ich fordere einen Zusatz zur Ewigkeitsklausel des Grundgesetzes: Es wird nie wieder alles gut.“ [4]

Unser Gegenüber wollte das nicht auf sich sitzen lassen und sagte, es mache ihn traurig, dass wir sagen, es wird nie wieder alles gut. Und dann: „Meinen Sie wirklich, dass es da keine Möglichkeit mehr gibt?“ Diese Traurigkeit begegnet mir seit Jahren immer dann, wenn ich mich mit nicht-jüdischen Deutschen über dieses Thema unterhalte. Ich finde sie schon allein darum bemerkenswert, weil die Traurigen ehrlich erstaunt scheinen, dass es bei der Erinnerung etwas geben könnte, was nicht wieder gutzumachen ist. Oder, um es etwas schärfer zu formulieren: dass die Bereitschaft, sich endlich mit der eigenen Gewaltgeschichte zu befassen, einhergeht mit der Erwartung, dass die andere Seite es einem dann auch nicht so schwer machen sollte.

Vielleicht kennen Sie das ja aus eigener Erfahrung: Sie befinden sich in einer Diskussion mit Tante Rosamunde oder wahlweise auch einem Publikum und erklären, wie sie die Welt sehen. Ist diese Perspektive kritisch, steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit irgendwann jemand auf, räuspert sich und sagt: ja schön und gut, aber was ist denn die Lösung für das Problem? Falls man nun die Lösung nicht direkt liefert, schüttelt die Gegenseite den Kopf und verliert akut jedes Interesse. Kritik, scheint es, wird hierzulande dadurch legitimiert, dass man wie die Cola zur Pizza auch gleich die Lösung mitliefert. Und das ist natürlich eine eigenartige Erwartung. Politische Essays sind keine Kochbücher, bei denen man die Rezepte vorkocht, die das Publikum dann zuhause nachkochen darf. Nein, diese Rezepte müssen wir – wenn überhaupt – gemeinsam finden. Und Versöhnung steht sicherlich nicht auf dem Menü der Desintegration.

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Verbrannte Bücher – Verdammnis 1933

Vor 88 Jahren verbrannten die Nazis in ganz Deutschland Bücher und Schriften – Zehntausende Werke gingen in Flammen auf. Viele der damals verfemten Autor*innen verloren ihre Existenzgrundlage, wurden ins Exil getrieben, ermordet.

Die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und in den folgenden Wochen waren der Höhepunkt der sogenannten „Aktion wider den undeutschen Geist“, mit der kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten die systematische Verfolgung jüdischer, marxistischer, pazifistischer und anderer oppositioneller oder politisch unliebsamer Schriftsteller*innen begann.

Es war eine von der Deutschen Studentenschaft geplante und inszenierte Aktion, bei der Student*innen, Professor*innen und Mitglieder nationalsozialistischer Parteiorgane die Werke geächteter Autoren*innen an öffentlichen Plätzen ins Feuer warfen. Die Auswahl der Schriften basierte auf „schwarzen Listen“, die im März 1933 im Auftrag des Propagandaministeriums erstellt wurden und die die Grundlage für die Plünderungen von Büchereien und Buchhandlungen bildeten.

Man versammelte sich am Berliner Opernplatz (dem heutigen Bebelplatz), am Wilhelmsplatz in Kiel, am Greifswalder Marktplatz, an der Bismarcksäule in Hannover und in weiteren Universitätsstädten. In Hamburg fand die Verbrennung wegen starken Regens erst am 15. Mai am Kaiser-Friedrich-Ufer statt.

Addi Matschke

Addi Matschke war ein führendes Mitglied der großen norddeutschen Widerstandsgruppe um Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Robert Abshagen, die 1942 von der Gestapo zerschlagen wurde. Der unten stehende Text stammt aus Interviews, die in den 70ger Jahren mit ihm geführt wurden. Auch Katharina Jacob gehörte dieser Widerstandsgruppe an (siehe unter „Bücher“). Wir recherchieren weiter, werden den Text vervollständigen und mit Quellen veröffentlichen.

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Zur Diskussion um einen neuen Gedenkort für die Opfer des Kriegs und der Besatzung Polens

von Harry von Bargen

Ein neuer Gedenkort soll entstehen. Ein Ort für die Opfer des Kriegs und der Besatzung Polens. So wurde es im Frühjahr bei einem Treffen von Außenminister Heiko Maas mit seinem polnischen Amtskollegen vereinbart. Vorangegangen sind dem verschiedene Initiativen. Vor allem vom Deutschen Polen-Institut und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die schließlich  einen gemeinsamen Vorschlag für einen Gedenkort eingebracht haben, der Formen des Gedenkens mit einem Dokumentations- und Bildungszentrum verbinden soll.

Die Diskussion um einen solchen Gedenkort verläuft nicht ohne Kontroversen. Es gibt Zustimmung: „Ein Denkmal, das den Überfall auf Polen als Beginn des Zweiten Weltkriegs (zumindest auf dem europäischen Kriegsschauplatz) zum Ausgangspunkt hat, dann aber durch mehrsprachige Widmungen in den Sprachen der besetzten Länder auch eigene Annäherungen an ein Denkmal ermöglicht, wäre ein gemeinsames Erinnerungszeichen mit vielfältigen Zugängen“ (so Detlev Garbe, Historiker und ehem. Leiter der Gedenkstätte Neuengamme in polendenkmaldebatte.blog). Zugleich werden aber auch Befürchtungen laut, eine Begrenzung auf ein alleiniges Denkmal für die polnischen Opfer könnte eine ‚Renationalisierung‘ des Gedenkens bestärken. Eine solche Renationalisierung des Gedenkens birgt immer auch die Gefahr einer einseitig  nationalistisch geprägten Geschichtsschreibung die z.B. , wie in Polen, nicht den Angriffskrieg des Hitler-Faschismus als Auslöser des Zweiten Weltkriegs verstehen will, sondern den ‚Hitler-Stalin-Pakt‘, und somit der Sowjetunion eine Mitschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zuschreibt.  Diese Art der Geschichtsrevision ist das offensichtliche Interesse der gegenwärtigen polnischen Regierung, die dieses Narrativ auch bereits in einer Resolution des EU-Parlaments durchsetzen konnte (19. September 2019).

Wie es mit der Diskussion um diesen Gedenkort weitergeht, wird im parlamentarischen Bereich nun zunächst Aufgabe des Bundestages und seiner Ausschüsse und dann bilateral zu klären sein.

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Über meinen Vater Artur Burmester

Von Traute Sander geb. Burmester

Wenn ich an meinen Vater Artur Burmester, 1915 bis 1985, denke, dann fällt mir als erstes ein, dass er – in meiner Kinderzeit – fröhlich war und am Sonntag – wenn er nicht arbeiten musste – morgens schon gesungen hat „Wir fürchten nicht…“ (1), und wir überlegten alle zusammen, welchen Ausflug wir machen wollten. Auch hatte er Spaß daran, mit Menschen zu diskutieren. Samstags ging er – und nahm mich mit – seine Zeitung „Hamburger Volkszeitung“ (Zeitung der KPD) zu verkaufen. Das war so ca. 1950. In Hamburg wurden nach dem Krieg viele Menschen in sogenannten „Nissenhütten“ (runde Blechhütten, die oft auf Sportplätzen aufgebaut waren und mit vielen Personen belegt waren) untergebracht, es waren noch nicht genug Wohnungen wieder gebaut worden. Ins Nissenhüttenlager gingen wir also und versuchten, die Leute zum Kauf der Zeitung zu bewegen. Auch an Gedenkmärsche für die Opfer des Faschismus von Barmbek bis Friedhof Ohlsdorf kann ich mich erinnern – auch dazu nahm er mich mit. Das war damals für mich als Kind ein weiter Weg und von den Reden habe ich nicht viel mitbekommen. Nach dem Verbot der KPD 1956 wurde er, vorher Verlagsleiter, arbeitslos. Dann arbeitete er im Heinrich-Bauer-Verlag. Er wurde zunehmend stiller und versuchte, eine Rente wegen in der Nazizeit erlittenen Unrechts (Wiedergutmachung) durchzusetzen. Ich habe das zu meiner Kinder- bzw. Jugendzeit nicht verstanden, warum das wichtig für ihn war.

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1. Mai

„Wir haben den 1. Mai auch in der Nazizeit gefeiert, im kleinen Kreis unter Freunden. Rote Blumen waren immer da.

Mein allerschönster 1. Mai aber war der 1. Mai 1945.

Als Häftlinge des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück wurden wir noch in den letzten Apriltagen aus dem Lager getrieben. Am Morgen des 30. April schallte es durch den Lautsprecher: „Alle deutschen Frauen an den Straßenrand!“ Wir berieten uns kurz und beschlossen nicht hinunterzugehen. Zum ersten Mal folgten wir einem Befehl der SS nicht. Nach einigen Stunden stellten wir fest, dass sie sich abgesetzt hatte. Eine stundenlange, nicht enden wollende Stille bricht an. In der Nacht steht ein junger Rotarmist vor unserem Erdloch, der uns verständlich macht, wir sollen in unseren Unterständen bleiben, er gehöre nur zur Vorhut.

Am Morgen, es ist der 1. Mai 1945, begrüßen uns russische Offiziere und Soldaten. Einer sagt in bestem Deutsch: „Guten Morgen, liebe Frauen. Ihr könnt nach Hause gehen. Ihr seid frei!“ Ich höre ihn noch.

Es ist ein herrlicher Sonnentag, dieser 1. Mai. Auf der Straße zieht die sowjetische Armee vorbei. Auf jedem Panzer stehen vorn zwei baumlange junge Rotarmisten. In ihren Händen lange rote Fahnen, die im starken Wind flattern. Es ist, als seien sie zu unserer Begrüßung angetreten. Wir lachen und weinen, wir winken und grüßen.

Auf einmal breitet sich eine große Stille aus, und dann braust ein Lied auf – in vielen Sprachen gesungen: Völker, hört die Signale!“

Katharina Jacob

Zitat aus dem Buch „Widerstand war mir nicht in die Wiege gelegt“ von Katharina Jacob, ISBN: 978-3-948478-06-3, Verlag: Galerie der abseitigen Künste. Erscheinungsdatum: Mitte Mai 2020 (siehe auch unter: Bücher).

Carlheinz Rebstock

Carl-Heinz Rebstock, – er selbst schrieb immer Carlheinz – (geb. am 16. Januar 1917, gest. am 29. Juni 1986), nahm am Hamburger Widerstand aktiv teil. Er war als Schüler der reformorientierten Lichtwark-Schule in Hamburg-Winterhude früh mit sozialistischer und kommunistischer Politik in Berührung gekommen und wurde Mitglied des KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands). Am 30. Januar 1933 übertrug Reichspräsident von Hindenburg die Reichskanzlerschaft an Hitler. Deshalb entschloss sich Carlheinz Rebstock, nach der Mittleren Reife die Schule zu verlassen und am Widerstand teilzunehmen. Er gehörte in den Jahren 1933 bis 1936 bis zu seiner zweiten Verhaftung im Mai 1936 dem proletarischen und kommunistischen Widerstand, der ein Bestandteil des demokratischen deutschen Widerstands war, an. Nach der Beendigung der Schule absolvierte Carlheinz Rebstock eine Tischlerlehre und legte die Gesellenprüfung ab.

Er war zunächst in einer illegalen Gruppe des KJVD aktiv, baute 1933 mit Freundinnen und Freunden aus Hamburg-Barmbek eine jugendliche Widerstandsgruppe auf, die aus parteilosen, jüdischen und kommunistischen Mitgliedern bestand. Viele wurden 1934 aufgrund Verrats verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu Haftstrafen verurteilt.  (mehr …)

In Planung: Lesebuch zu Harry und Martha Naujoks – mit der neu edierten Autobiografie „Mein Leben im KZ Sachsenhausen“ von Harry Naujoks und der ersten Biografie über Martha Naujoks

Das Lesebuch zu Harry und Martha Naujoks ist eine Schilderung des Lebens zweier junger Menschen aus sehr armen Arbeiterfamilien. Beide waren bereits als Jugendliche an den Kämpfen für die erste demokratische Republik in den Jahren 1918/ 1919 beteiligt, der achtzehnjährige Harry kämpfte 1919 gegen die Kapp-Putschisten, Martha nahm 1923 als Neunzehnjährige am „Hamburger Aufstand“ teil. Die beiden heirateten 1926.

Das Lesebuch enthält die von der Editionsgruppe der Kinder des Widerstands zusammen mit dem Historiker Dr. Henning Fischer neu edierte, überprüfte und im Vergleich zur Erstausgabe (Röderberg Vlg. 1987) erweiterte Autobiografie von Harry Naujoks. Seine Erinnerungen mit dem Titel „Mein Leben im KZ Sachsenhausen 1936 – 1942″ wurden herausgegeben von Martha Naujoks und dem Sachsenhausenkomitee für die BRD im Jahr 1987. Der Dietz Verlag Berlin veröffentlichte eine Lizenzausgabe für die DDR 1989, erweitert um den Bericht über die Lagerhaft Harry Naujoks´im KZ Flossenbürg von 1942 bis 1945. 

Naujoks war von 1936 bis 1942 der „Lagerälteste“ im KZ Sachsenhausen, einer von der SS eingerichteten Funktion, die er zum Aufbau einer illegalen kommunistischen Widerstandsgruppe im Lager nutzte und vielen Häftlingen das Leben rettete. Er ging nach der Befreiung im April 1945 zu Fuß vom bayrischen KZ Flossenbürg nach Hamburg. Die „Wanderung“ beschrieb und kommentierte er, auch sie ist im Lesebuch enthalten.

Martha Naujoks verließ nach der Haft im Jahr 1935 und fortgesetzter Widerstandstätigkeit Nazi-Deutschland, ging ins Exil nach Prag, 1936 dann nach Moskau. Sie geriet dort in Verdächtigungs-Maßnahmen, wurde 1937 aus der (Exil-) KPD ausgeschlossen und kämpfte zwei Jahre lang um ihre Rehabilitierung bis zu ihrer Wiederaufnahme im Jahr 1939. Beide überlebten und arbeiteten nach der Befreiung vom Naziregime erneut aktiv für den Aufbau eines demokratischen und antinazistischen Deutschlands. Beide überlebten und arbeiteten nach der Befreiung vom Naziregime erneut aktiv für den Aufbau eines demokratischen und antinazistischen Deutschlands.

Zur Entstehung des Buch-Manuskripts

Erstmals wird in dem Lesebuch eine Biografie von Martha Naujoks auf Basis umfangreicher Archiv-Recherchen und privater Unterlagen veröffentlicht, verfasst vom Historiker Dr. Henning Fischer. Die Erinnerungen von Harry Naujoks sind nicht nur persönliche Aufzeichnungen – 720 Seiten umfasst das in Sütterlin-Schrift verfasste hangschriftliche Manuskript –, es wurde während vieler Treffen mit seinen Häftlingskameraden in den Jahren 1976 bis 1986 diskutiert. Mitgearbeitet haben die früheren Häftlinge Fritz Bringmann, Rudi Homes, Erich Hornig, Willi Konsorski, Fritz Winzer, August Baumgarte, Hugo Dvorznik und Bruno Meyer. Hier ein Zitat von Willi Konsorski aus dem Jahr 1985: „Die Schilderung seiner Erlebnisse unterscheidet sich in manchem von den Berichten anderer ehemaligen Häftlinge. Obwohl es sich um Harrys persönliche Aufzeichnungen handelt, sind sie durch regelmäßige Zusammenkünfte einiger seiner Kameraden, die sich im Hamburger Sachsenhausen-Komitee zusammengeschlossen hatten, ständig überprüft und zum Teil präzisiert worden. Man kann deshalb sagen, dass seine Erinnerungen zugleich auch die Erlebnisse seiner Leidensgenossen widerspiegeln.“ Das so erarbeitete Manuskript wurde für den Druck 1987 noch vorsichtig bearbeitet von der Hamburger Historikerin Ursel Hochmuth. 

The Stender Family

Written by Ruth Stender

The Stender household lived in a two apartments at Gertigstrasse 56.  Rudolf was born 26th December 1899, Ernst on 13th April 1901, Hans on 4th January 1902, Lotte on 4th November 1906 and Werner on 21st December 1915.  They were an ordinary working-class family but there were always political discussions taking place as they sat around the dining table.  They had socialist beliefs, being members of the SPD and they were against the decision of the Kaiser and his government to go to war in 1914.  This did not prevent Rudolf (senior) being conscripted into the army at the age of forty years.  Having briefly described the family unit, I will detail Rudolf, Ernst and Werner’s life.

Rudolf

Rudolf and his siblings observed how life was so difficult for the families in Hamburg during the war.  There was poverty, lack of food and warmth in many people’s homes.  Rudolf took part in many illegal demonstrations and he became a delegate at the Hamburg Stadt Conference.

Finally, in 1917, Rudolf at the age of 17 years was conscripted into the army where he fought on the eastern front. During this time, he secretly distributed to his fellow soldiers, leaflets which were produced by the USPD. These pamphlets emphasized that this was an imperialist war.  Incredibly, Rudolf was not caught as his actions would have been considered traitorous.  Ernst sent more leaflets when Rudolf requested them.

The effect on Rudolf becoming a soldier during those dreadful times must have been the reason for some of his later actions.  He felt that he should be more militant fighting against the injustices back home.  After being injured in the war, Rudolf returned to Hamburg where he took part in the Hamburg revolution of 1918/19. (mehr …)