Im Frühjahr 2018 wurde das neue Depot der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen eingeweiht u. a. mit einer Rede über den ehemaligen Lagerältesten Harry Naujoks (er war dort Häftling von 1936 bis 1942). Die Rede hielt sein Sohn Rainer Naujoks:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe mich sehr gefreut über die Einladung, zur Eröffnung dieser wunderbaren Einrichtung ein paar Worte sagen zu dürfen. Ich sehe mit Zufriedenheit und Genugtuung, dass der Nachlass von Harry Naujoks – der ja in nicht unerheblichem Maße auch meiner Mutter Martha Naujoks zu verdanken ist – als Teil des Archivs der Gedenkstätte einen nicht nur würdigen sondern auch angemessenen Aufbewahrungsort gefunden hat. Angemessen aus meiner Sicht deshalb, weil unter diesen Bedingungen gewährleistet bleibt, dass er erhalten wird als ein Teil all dessen, was diesen Ort – über seine Funktion als Ort des Gedenkens hinaus – zu einem lebendigen Lern- und Erfahrungsort macht.
Ich sehe noch heute den großen Raum im Keller unseres kleinen Häuschens in Hamburg – Klein Borstel (Kleine Stübeheide – alles war klein) vor mir – vollgestopft mit Regalen, Schränken, Kommoden – ein Sammelsurium unterschiedlichster Aufbewahrungsbehälter, überquellende Schubladen, nicht schließende Schranktüren, das Ganze ohne Heizung und mit einer Funzel als Beleuchtung. Das Archivierungssystem schwer durchschaubar – alles in allem vermutlich ein Alptraum für einen diplomierten Archivar. (Und links oben in einer Ecke die Krimis – Simenon, Chandler, Ellery Queen…) Der Rest der Wohnung voller Bücher und Kartons mit bedrucktem Papier an diversen ungewöhnlichen Orten. Es ist ja nicht nur bedrucktes und beschriebenes Papier, es sind auch Gegenstände aus seinem Leben. Sie können Auskunft geben über einige wichtige Abschnitte seines Lebens, und ihre Aufarbeitung können – wie ich behaupten möchte – wirkungsvoll eingebunden werden in ein Konzept von Bildung, dessen vornehmste Aufgabe es – mit Adorno – ist, dafür einzutreten, „dass Auschwitz nie wieder sei“.