Gedicht des Monats: Wollen Sorgen mich umschlingen

von Wolfgang Szepansky

Wollen Sorgen mich umschlingen,
will die Einsamkeit mich quälen,
weiß ich stets durch frohes Singen
Mut und Geist und Herz zu stählen.

Reiße wohl das Fenster auf,
jag die bösen Geister fort,
nehme alle Kraft zuhauf,
wünsch mich an den schönsten Ort.

Und mir ist es nun,
als könnten Mauern mich nicht halten.
Ich kann lassen, ich kann tun,
kann wie freie Menschen walten.

Neue Zukunftsmelodien
will ich mutig singen!
Und ich triumphiere kühn:
Ihr könnt mich nicht zwingen!


Wolfgang Szepansky (* 9. Oktober 1910 in Berlin-Wedding; † 23. August 2008 in Berlin-Schöneberg) war ein deutscher Antifaschist, kommunistischer Widerstandskämpfer, Autor und Maler.

Als die deutsche Wehrmacht im Mai 1940 in die Niederlande einfiel, wurde Wolfgang Szepansky in das KZ Sachsenhausen verbracht. Wegen des Zusammenlebens mit einer holländischen Jüdin wurde er aus Gründen der „Rassenschande“ zu zweijähriger Gefängnishaft verurteilt, die er im Strafgefängnis Tegel in Berlin verbüßte. Dort entstand das Gedicht. Danach wurde er wieder in das KZ Sachsenhausen zurückgebracht. Dort 1945 befreit.

Quelle: Autobiografie „Dennoch ging ich diesen Weg“.