Herta Winzer

Herta Winzer, (geb. am 4. Oktober 1917, gest. am 18. September 2012), war eine kommunistische Widerstandskämpferin in Hamburg. Sie war die jüngste in Hamburg von der Gestapo Verhaftete und verbüßte mehrjährige Haftstrafen. Sie konnte – durch Haft unterbrochen – eine kaufmännische Lehre absolvieren, arbeitete dann als Buchhändlerin und später als Hausfrau.

Herta Winzer gehörte in den Jahren 1933 bis 1936 bis zu ihrer zweiten Verhaftung im Mai 1936 dem proletarischen und kommunistischen Widerstand, der ein Bestandteil des demokratischen deutschen Widerstands war, an. Sie war zunächst in einer illegalen Gruppe des KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands) aktiv. Ab 1935, nach der Entlassung aus der ersten Haft, wurde sie Mitglied einer sich neu bildenden politisch unabhängigen Widerstandsgruppe, die sich aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen der jüdischen Jugendorganisation „Deutsch-Jüdischer Wanderbund Kameraden“ (Werner Philipp, Kurt van der Walde, Marion Deutschland), dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) (Walter Beyer, Heiner Beil, Carlheinz Rebstock, Werner Stender) und Sozialdemokraten (….) zusammensetzte. Insgesamt mußte Herta Winzer drei Jahre und sechs Monate in Haft verbringen.

Herta Winzer war die jüngste von drei Geschwistern. Ihre Schwester Gertrud wurde 1908 und ihr Bruder Friedrich (Fritz) Winzer wurde 1911 geboren. Ab 1923 besuchte sie bis 1932 die Volksschule in der Barmbeker Straße. Danach machte sie eine Lehre bei der Apparatebau-Anstalt „Fritz Simon“. Die Eltern waren sozialdemokratisch eingestellt. Der Vater machte sich 1926 mit seinem Bruder selbständig als Steinholz- und Linoleumsverleger. Herta Winzer war während ihrer Kindheit bei den „Kinderfreunden“, einer sozialdemokratischen Organisation, ihre ältere Schwester war in der „Sozialistischen Arbeiter-Jugend“ SAJ organisiert. Ihr älterer Bruder besuchte die reform-pädagogisch und demokratisch orientierte Lichtwarkschule. Er war Hertas Vorbild und beeindruckte und beeinflußte sie aufgrund seines Engagements in der KPD. Er und der zum KJVD übergetretene frühere Leiter der „Kinderfreunde“ Erwin Wagenknecht unterstützten Herta in ihrem Wunsch, sich im Jahr 1932 dem KJVD anzuschließen. Dies tat sie heimlich, weil sie zu jung war und die Eltern nicht zugestimmt hätten. Während der Teilnahme an einer politischen Kundgebung erfuhren die Eltern von ihrer politischen Orientierung. 5)

Am 30. Januar 1933 übertrug Reichspräsident von Hindenburg die Reichskanzlerschaft an Hitler. Am 23. März 1933 wurde das von der NSDAP eingebrachte „Ermächtigungsgesetz“ angenommen, wodurch die Verfassung der Weimarer Republik außer Kraft gesetzt wurde. Nach der Reichstagswahl und dem sofortigen Verbot aller kommunistischen Organisationen traf sich die Winterhuder Gruppe des KJVD weiterhin illegal, z. B. im Stadtpark, und Herta beteiligte sich u. a. an der Herstellung von Plakaten und Flugblättern. Im Mai 1934 verhaftete die Gestapo („Geheime Staatspolizei“) Herta und viele andere Mitglieder der Gruppe. 1). Sie war als Sechzehnjährige die Jüngste in Hamburg Verhaftete. 6.) Auch Kurt van der Walde und andere wie der ebenfalls verhaftete Carlheinz Rebstock, ihr späterer Ehemann, waren noch nicht volljährig. Herta war vom 14. Juni 1934 bis 17. Oktober 1934 in Untersuchungshaft. Dann wurde sie bis zu ihrem Prozeß am 17. Januar 1935 zunächst entlassen. Die Anklage lautete auf „Vorbereitung zum Hochverrat“. Sie erhielt eine zweijährige Gefängnisstrafe auf Bewährung, da sie noch im jugendlichen Alter war. Hertas Bruder Friedrich (Fritz) Winzer war aufgrund eines anderen Urteils ab 1934 bis Mai 1945 in Haft, zunächst im KZ Fuhlbüttel, dann im KZ Sachsenhausen.

Wieder auf freiem Fuß nach der – vorläufigen – Entlassung fand Herta eine Anstellung bei der Großdruckerei HO Persiehl und konnte ihre Lehre weiterführen. Nach kurzer Zeit nahm sie zusammen mit Freunden aus kommunistischen, sozialdemokratischen und Mitgliedern einer jüdischen Jugendorganisation am Aufbau einer neuen Widerstandsgruppe teil. Diese Gruppe organisierte sich nach dem Schneeballsystem jeweils in Dreiergruppen, die untereinander wenig Kontakt haben sollten und selbst wieder weitere Dreiergruppen bilden sollten. Sie führten zunächst politische Schulung durch und trafen sich geheim, z. B. in der Lüneburger Heide auf „Wanderungen“. Eine der Lektüren war Nikolai Bucharin: „Das ABC des Kommunismus“.

1936 im Mai wurde Herta Winzer erneut verhaftet. Sie wurde am 4. Mai 1937 zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis aufgrund „fortgesetzter Vorbereitung zum Hochverrat“ vom Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts verurteilt. Die Untersuchungshaft wurde angerechnet. Sie wurde im Mai 1939 aus der Haft entlassen und arbeitete zunächst wieder bei HO Persiehl.

Im Mai 1940 suchte sie sich selbst eine Arbeit und bekam in der Buchhandlung „Weitbrecht und Marissal“ eine Anstellung, wohl auch, weil sie offen ihre politisch begründete Haft angab. Carlheinz Rebstock, Mitglied der Widerstandsgruppe, kam 1940 aus der Haft frei. Im Jahr 1941 heirateten beide (Herta nahm den Nachnamen Rebstock an), Carlheinz arbeitete als Tischler und absolvierte abends ein Architekturstudium.

1943 fielen auch auf die Wohnungen der Eltern und Schwiegereltern Bomben, sie verließen Hamburg, zunächst nach Wellingsbüttel zu Hertas Schwester. Ihr erstes Kind gebar Herta in diesen Monaten, es wurde aber  aufgrund einer unheilbaren Krankheit nur acht Wochen alt. Für beide Eheleute begann noch einmal 1944 eine sehr schwierige Zeit, als Carlheinz zum Strafbatallion 999 eingezogen wurde und mit anderen „Straf-Soldaten“ in das KZ Neuengamme verbracht wurde. Er wurde später in Baumholder stationiert und anfang 1945 in das KZ Buchenwald überführt. Dort erlebte er die Befreiung.

Nach der Befreiung Europas von der Nazi-Herrschaft 1945 wurde Herta Rebstock bald wieder politisch aktiv, sie und ihr Ehemann wollten am Aufbau eines antifaschistischen, demokratischen Nachkriegs-Deutschlands mitwirken. Herta war in der KPD in Hamburg Barmbek aktiv, Carlheinz in verschiedenen hauptamtlichen Funktionen, zuletzt, bis zum erneuten Verbot der KPD am 17. August 1956, in leitender Funktion in der Redaktion der kommunistischen Tageszeitung „Hamburger Volkszeitung“.

Quellen
1. Staatsarchiv der Hansestadt Hamburg; Wiedergutmachungsakte
2. Ruth Stender: „Gertigstraße 56“, ISBN: 978 1784623 760)
4. Forschungsstelle für die Geschichte des Nationalsozialismus in Hamburg,
Transkript der Interviews mit Herta Rebstock, geführt von Alfons Kenkmann (1994 -1997), 1997.
5. Herbert Diercks „Die Freiheit lebt!“ Widerstand und Verfolgung in Hamburg 1933-1945
Texte, Fotos, Dokumente, hrsg. von KZ Gedenkstätte Neuengamme, 2010.
6. Quelle: Beschreibung zur Person in der Gedenkstätte „Torhaus des KZ Fuhlsbüttel“
Verurteilte der Widerstandsgruppe im Jahr 1937:
Kaufmänn. Angestellter Heinrich Feodor Beil, geb. am 1.6. 1915
Büroangestellte Marion Deutschland, geb. am 3.4.1914 Berlin
Schülerin des Fröbelseminars Mariechen Eckert, geb. am 31.3.1914
Schriftsetzer Wilhelm Albert Petersen, geb. am 21.1.1912
Kaufmänn. Angestellte Werner Philip, geb. am 4.2. 1910
Tischlerlehrling Carlheinz Rebstock, geb. am 16.1.1917
Kaufmänn. Angestellter Kurt van der Walde, geb. am 20.1.1915 in Posen
Kaufmänn. Angestellte Hertha Hedwig Winzer, geb. am 4.10. 1917